Im Land der Tataren

Winter an der Wolga

NDR | 10.01.2019
Länder Menschen Abenteuer

Die liebenswerteste Gegend Russlands? ‚Natürlich Tatarstan!‘ Da sind sich die meisten Landsleute einig. Regelmäßig geben sie ihrer Heimat Bestnoten als besonders liebenswerte Republik. Tatarstan, rund 800 Kilometer östlich von Moskau. Wo Russland so russisch und doch so anders ist: Wohlhabend, gepflegt und optimistisch. Hier leben Christen und Moslems friedlich miteinander. Rund die Hälfte der Bevölkerung gehört zu den Tataren und bekennt sich zum Islam. Der andere Teil ist russisch und christlich orthodox. Und alle wissen sich gut gegen den harten Winter zu wappnen:

Der Film zeigt den rauen Alltag, wenn Frost und Schnee das Leben in Tatarstan fest im Griff haben. Manche Bewohner entwickeln unter diesen ungewöhnlichen Bedingungen ganz besondere Leidenschaften.

 

Der Film zeigt Menschen wie Svetlana Kirichenko. Die unerschrockene Russin zählt zu den einflussreichsten Geschäftsleuten in Kasan, der Hauptstadt.

 

Ihr Vermögen vermehrt sie mit Kamelen, die sie in Tatarstan neu angesiedelt hat. Auf Svetlanas Farmen werden sie gezüchtet, gemolken, geschoren und geschlachtet.

 

Sie fühlen sich wohl bei Svetlana und bescheren ihr russlandweite Aufmerksamkeit. Svetlana plant gerade ihre dritte Farm in Tatarstan.

Yury Venediktov ist Rettungsmann und für die Sicherheit auf der Wolga zuständig. Sein wichtigstes Fortbewegungsmittel ist ein robustes Luftkissenboot. Damit kann er einfach vom Polizeihof auf den Fluss donnern und muss sich weder um Straßen noch um Bodenbeschaffenheiten kümmern. Im Winter machen ihm vor allem leichtsinnige Angler Sorgen.

Jahr für Jahr verschwinden Petrijünger auf Nimmerwiedersehen, weil sie die Eisdecke auf dem Fluss überschätzt haben. Darum muss Yuri regelmäßig Patrouille fahren. Und dann ist da noch die Winter-Straße über den Fluss, die Yuri erst dann freigibt, wenn das Eis sicher trägt und kein Auto in der Wolga zu versinken droht.

Auch Iljnur Latypov ist auf der Wolga unterwegs. Allerdings mit leichtem Gepäck. Er hat das Eis-Kiten in Tatarstan populär gemacht. Eigentlich ist er Physiker und sollte viel Zeit an der Uni zubringen. Aber wenn Wind und Wetter passen, muss das Labor warten. Sein Revier liegt direkt vor der Landeshauptstadt Kasan.

Vor wenigen Jahren wurde Iljnur noch belächelt, wenn er mit selbstgebautem Brett und einfachem Drachen aufs Eis zog. Heute sind er und seine segelnden Freunde Stars in der Stadt.

Radik Kadyrov wollte eigentlich nie ‚im Öl‘ arbeiten. Doch nach 30 Jahren an den Förderpumpen könnte er sich heute keinen spannenderen Job mehr vorstellen. Jeden Tag drehen er und seine Männer Kontrollrunden zu den vielen Bohrlöchern im Land. Bei fast jedem Wetter. Nur wenn das Thermometer unter -50° sinkt, darf Radik im Büro bleiben.  Menschen wie ihm verdankt Tatarstan seinen Wohlstand. Die Republik ist reich durch Erdöl – man muss es nur sicher an die Oberfläche bringen und den Erlös sinnvoll ausgeben. Dafür gibt es in Radiks Heimatstadt Almetjevsk große Pläne: Die Bewohner sollen sich noch wohler fühlen. Gerade wird ein dichtes Netz aus Fahrradwegen gebaut, was für Russland sehr ungewöhnlich ist.

Ali Suleimanov liebt Pferde. Auf seine ganz besondere Art: Er hält Exemplare einer seltenen tatarischen Rasse, er gibt kostenlosen Reitunterricht, er lädt Kinder zu freien Pferdeschlittenfahrten ein – und er macht mit Leidenschaft Pferdewurst. Für ihn ist das kein Widerspruch. Pferde gehören seit Generationen zum Alltag. Da ist es für ihn nur folgerichtig, dass sie auch gegessen werden. Zu Sowjetzeiten waren Pferde fast vollständig vom Speiseplan verschwunden. Dank Ali erlebt das Fleisch einen rasanten Wiederaufstieg in der Republik. Für europäische Tierfreunde klingt das befremdlich, für die meisten Tataren ist es ein Zeichen, dass ihre alte Kultur noch lebt.

Der Filmzeigt Menschen, die nicht nur in Tatarstan leben, sondern sich leidenschaftlich mit der Wolga-Republik verbunden fühlen: Frauen und Männer mit Pionier- und Entdeckergeist. Leute, die Tatarstans Zukunft mitgestalten.

 

Buch + Regie: Sven Jaax

Kamera: Johannes Anders

Ton: Dominik Müller

Schnitt: Bettina Pogarell

Redaktion: Christian Kossin

Produktion: NDR

Premiere: 2019