Kamtschatka

Frühling auf Sibirisch

ARTE | NDR | 30.03.2017
Länder Menschen Abenteuer

Davay! Davay! Der Frühling naht! Die Bewohner Kamtschatkas werden von einer ganz besonderen Leidenschaft erfasst, wenn die ‚milde Jahreszeit’ beginnt – also das, was man im Fernen Osten Russlands unter ‚mild’ versteht. Wenn man wieder vor die Tür treten kann, ohne vom Schneesturm verweht zu werden, wenn die Schneedecke in Zentimetern statt in Metern gemessen wird, wenn die ersten Bären aus dem Winterschlaf erwachen. Dann geht es raus in die Wildnis, auf der Suche nach großen Abenteuern. Wer hier lebt, darf weder Angst vor Abgeschiedenheit noch Furcht vor Naturgewalten haben: Kamtschatka ist berühmt für seine Vulkane und seine atemberaubenden Naturschutzgebiete. Man muss nur hinkommen: Wenige Orte sind mit Straßen verbunden.

Der Film spielt auf der dünn besiedelten Halbinsel im äußersten Osten Russlands und zeigt Menschen wie Sergey Samoilenko. Er ist für den ‚großen Knall’ zuständig und jederzeit auf der Hut: Sergey ist Vulkanforscher und weiß, welche Erdmassen sich gerade unter der Halbinsel bewegen. Es rumort unter Kamtschatka. Und wehe, Sergey gibt nicht rechtzeitig Bescheid, bevor es richtig knallt. Mit dem Vulkanmann geht es in die Berge – per Hubschrauber, dem wichtigsten Verkehrsmittel.

 

Kamtschatka ist zwar Russlands Außenposten – aber deshalb leben die Einheimischen noch lange nicht ‚hinterm Mond’: Im Gegenteil! Die Halbinsel ist ein Ort, an dem sich Menschen unterschiedlichster Herkunft verstehen und neugierig aufeinander zugehen.

 

Die meisten Gebiete sind so unberührt, dass ihre Bewohner sagen, „in Kamtschatka gibt es keine Straßen, nur Richtungen“. Ohne Hubschrauber wäre auch Osernowski von der Außenwelt abgeschnitten. Das Dorf ist als ‚Hauptstadt der Fischerei’ bekannt, obwohl dort gerade mal 1800 Menschen leben. Die meisten irgendwie vom Meer: Seeleute, Filetierer oder Fischzähler. Nach vielen mageren Jahren ist Osernowski nun zur Mustersiedlung geworden. Hier wird bewiesen, dass die kleinen Küstendörfer eine Zukunft haben. Besonders aktiv ist Galina Yazykina. Die Lehrerin will zeigen, dass ihre kleine Schule kein pädagogischer Außenposten ist.

Im Frühling hat die grimmige Kälte die Halbinsel noch fest im Griff, aber die Sonne gibt Kamtschatka einen ganz besonderen Glanz. Es ist die schönste Zeit für Fyodor Kazansky. Vier Wochen lang ist der Ornithologe durch das Kronozki-Naturreservat gezogen und nur selten Menschen begegnet. Er hat Seevögel beobachtet und gezählt und wartet nun, dass Hubschrauberpiloten ihn finden und zurück in die Hauptstadt bringt, nach Petropavlowsk-Kamtschatski.

So lange es richtig kalt ist, gehen die meisten Einheimischen in die Sauna. Nicht so Anton Morozov. Der will dann surfen. Anton ist ständig auf der Suche nach der perfekten Winter-Welle. Gut verpackt in Neopren sticht er mit seinem Brett in den Pazifik. Lange Zeit galt er deshalb als schräger Vogel. Mittlerweile kommen Nachwuchs-Surfer aus ganz Russland, um mit ihm in den eiskalten Ozean zu steigen. Grundsätzlich hat Anton nichts gegen das Surfen unter Sommersonne, aber das ist doch eher etwas für Weichlinge.

Der Film zeigt Menschen, die nicht nur auf Kamtschatka leben, sondern sich leidenschaftlich mit ihrer Halbinsel verbunden fühlen: Frauen und Männer mit Pionier- und Entdeckergeist. Leute, die Kamtschatkas Zukunft mit gestalten wollen.

 

Buch + Regie: Sven Jaax

Kamera: Dragomir Radosavljevic

Mitarbeit: Luba Kuzovnikova

Ton: Sebastian Richter

Schnitt: Sven Voss

Redaktion: Christian Kossin

Produktion: NDR | doc.station

Premiere: 2017