Hokkaido

Japans kalter Norden

NDR | 18.01.2018
mareTV

Wenn Europäer Hokkaido hören, denken sie meist an Kürbisse. Wenn Japaner Hokkaido hören, fällt ihnen die eisige Insel im Norden des Kaiserreiches ein. Sobald die kalte Jahreszeit beginnt, verwandeln Eis und Schnee die Insel in eine weiße Zauberwelt. Die ist nicht nur idyllisch. Der Film zeigt den rauen Alltag, wenn der Winter das Kommando übernimmt. Wer auf oder um Hokkaido unterwegs sein will, muss sich gegen Treibeis und Schneemassen durchsetzen. Und mancher Insulaner entwickelt ungewöhnliche Leidenschaften unter diesen unbehaglichen Bedingungen.

Auf Hokkaido sind Menschen wie Shigeru Yamai daheim. Er ist Kapitän der Garinko und hat das Kommando über den eigenwilligen Eisbrecher an der Ostküste. Sein Schiff bohrt sich mit Spindeln durch die Schollen vor der Küste. Das futuristische Gefährt ist längst zur landesweiten Attraktion geworden. Mal sind Wissenschaftler an Bord, mal Urlauber auf der Jagd nach Fotos und Abenteuern. In seiner Freizeit kurvt Shigeru gern mit dem schwimmenden Eistrecker herum, einem Fahrzeug, das einmalig ist auf der Welt.

Akira Watanabe ist Zahnarzt und kann auf Hokkaido berufliche und private Leidenschaften besonders gut miteinander verbinden.

 

Tagsüber feilt und schleift er an den Zähnen seiner Patienten, abends formt er Eisskulpturen für den allwinterlichen Skulpturen-Wettkampf. Die Handgriffe sind dabei sehr ähnlich und manche Werkzeuge eignen sich für Praxis und Eis-Arena gleichermaßen.

 

Doktor Watanabe zählt mit seinem Eis-Team jeden Winter zu den Favoriten im Skulpturen-Wettkampf und will auch dieses Jahr wieder aufs Siegertreppchen.

Wenn Hiroshi Chiba auf die zugefrorene Bucht vor seiner Haustür fährt, dann hat er keine künstlerischen Ambitionen: Er ist Fischer. Und weil die harten Winter von Hokkaido sein Fangrevier stets mit einer festen Eisdecke versiegeln, muss er Löcher in die Oberfläche schlagen, um mit seinen Kollegen an Beute zu kommen. Die Männer leben nicht etwa von den dicken Fischen, sie sind hinter den kleinen her, den Wakasagi. Diese Stinte sind wichtiger Bestandteil der japanischen Küche. Hiroshi mag sie am liebsten in ihrer klebrigen Variante. Darum ist er im Nebenberuf auch Zuckerfisch-Koch und versorgt Delikatessläden in ganz Japan.

Auch Eiji Ishii geht mit Leidenschaft auf die Jagd, würde seinen Fang jedoch niemals in die Pfanne hauen: Er hat sich als Kameramann und Fotograf auf Wildtiere spezialisiert. Die großen Seeadler sind seine Lieblingsvögel. Und die Winter-Küste von Hokkaido gilt als idealer Ort, um die riesigen Vögel ganz dicht vor die Linse zu bekommen. Seine Aufnahmen verkauft er an Magazine und Fernsehsender in aller Welt. Selbst nach 40 Jahren als Tierfotograf zieht es ihn noch jeden Wintermorgen hinaus, denn er ist noch immer auf der Suche nach dem wirklich perfekten Bild.

Auch Kiwako Igarashi  macht noch immer das, was sie vor Jahrzehnten begonnen hat. Gleich in der Nachbarschaft von Vogelmann Eiji hat sie ihr Hafencafé. Und in den vergangenen Jahrzehnten hat sich dort wenig verändert. Kiwakos Warmherzigkeit hat den Ort zu einem ganz besonderen Treffpunkt gemacht. Hier wird nicht nur der ganz normale Dorf-Tratsch ausgetauscht. Man bringt Kiwako gern etwas mit: Ob Fisch oder Kekse, alles wird brüderlich und schwesterlich unter den Gästen verteilt. Und Kiwako setzt sich dafür ein, dass es genau so bleibt.

Takashi Kuwahara träumte schon als Kind davon, Meeresforscher zu werden. Heute widmet er sich auf Hokkaido dem inoffiziellen Wappentier seiner Heimatinsel: Der Clione. Sie können schwimmen, sind aber keine Fische. Sie haben Flügel, sind aber keine Vögel. Und sie sind winzig klein. Es sind giftige Schnecken, die jeden Winter an die Küste Hokkaidos kommen. Wo sie im Sommer stecken, weiß niemand. Es ist nur wenig über Clione bekannt – darum findet Takashi Kuwahara die Tiere so faszinierend und zieht regelmäßig mit dem Kescher an den Strand, um neue Exemplare für seine Forschung zu fangen.

 

Buch + Regie: Sven Jaax

Kamera: Jörg Hammermeister

Ton: Stefan Tuchel

Schnitt: Elisabeth Hirsch

Redaktion: Christian Kossin

Produktion: NDR | nonfictionplanet

Premiere: 2018