An der Eismeerküste

Norwegens frostiger Norden

NDR | 03.01.2019
mareTV

Wenn der strenge Winter den hohen Norden so richtig im Griff hält, wenn draußen alles nur weiß ist und die Tage kurz sind, dann kommen die Menschen am Eismeer so richtig in Schwung. Die Gegend zählt zu den kältesten und rauesten Regionen Norwegens. Aber auch zu den lebendigsten. Rund um die Hafenstadt Kirkenes lieben die Einheimischen ihren Winter und die Abgeschiedenheit am Rande Europas.

 

Weiter nordwärts kommt man kaum noch auf dem Landweg.

 

Der Film führt in den maritimen Alltag nördlich des Polarkreises und zeigt, wie sich die Einheimischen das arktische Klima zunutze machen: Entlang der Eismeerküste sind einzigartige Berufe entstanden. Wintersportler und Vogelkundler lieben die atemberaubende Natur. Und zum Nachbarland werden gute Beziehungen gepflegt. Die Nähe zu Russland ist allgegenwärtig.

An der Eismeerküste leben Norweger wie Tormod Amundsen. Man hielt ihn für ziemlich verrückt, als er vor Jahren beschloss, hauptberuflich Hütten für Vogelbeobachter zu bauen. Heute liefert der Architekt seine Häuschen an Ornithologen in der ganzen Welt. Praktisch, wetterfest und vor allem gutaussehend. Mehr noch: Er machte seine Heimat zum internationalen Treffpunkt für Vogelbeobachter. Eis und Schnee halten Vogelfreunde nicht davon ab, mit ihren Fernrohren an die Felsen zu ziehen. Wo Seeadler, Lummen, Eissturmvögel oder Papageientaucher brüten.

Ingjerd Ropeid Andreassen braucht viel heißen Kaffee in ihrem frostigen Alltag. Wenn sie in den dunklen Wintermonaten ihre Gemeindemitglieder besuchen will, nimmt sie die Geländeraupe, um durch den Schnee zu kommen. Sie ist Militärpastorin an der Grenze zu Russland. Jeder Meter wird hier streng überwacht – nur gibt es keine befahrbaren Straßen. Am liebsten begleitet Ingjerd die Soldaten an die Nordspitze, nach ‚Grense Jakobselv‘. Egal wie kalt es auch sein mag: Frau Pastorin will einmal ins Eismeer laufen und dort ein Bad nehmen.

Der Finne Miika Miettinen ist Extremsportler und stürzt sich auf Schlittschuhen Eispisten hinunter. Er liebt diese Ice Cross Downhill Rennen. Noch mehr liebt er allerdings seine Freundin in Kirkenes, deshalb zog er zu ihr nach Norwegen. Weil er dort nicht die besten Bedingungen für seinen Sport findet, ist er ständig auf der Suche nach neuen Herausforderungen.

In der stillgelegten Grube zum Beispiel: Bis vor wenigen Jahren wurde hier noch Erz gefördert und über das Eismeer verschifft. Jetzt liegt das riesige Areal brach und ist perfekt für sportliche Experimente geeignet, glaubt Miika.

Trond Høiberget hat es lieber gemütlich und kümmert sich entspannt um seine vier Jobs. Er ist der Bankdirektor von Bugøynes, der Postdirektor, der Lottomann und Koch. Legendär sind seine ‚Königskrabben à la Trond‘. Die Zutaten dafür krabbeln direkt vor seinem Haus auf dem Eismeer-Grund. Es wimmelt hier von diesen Krebsen, die auch Monsterkrabben oder Kamtschatka-Krabben genannt werden. Als sie vor Jahren zum ersten Mal vor der norwegischen Küste auftauchten, sahen die Bewohner die Tiere noch als Bedrohung an. Heute werden die Krebse massenhaft gefangen und exportiert. So sichern sie die Existenz der lokalen Fischer.

Tor Johnny Arnesen muss vor allem aufpassen, dass nichts passiert. Er ist Turbinenmann im Kraftwerk Skogfoss. Sein Arbeitsplatz liegt mitten auf der norwegisch-russischen Grenze. Das Wasser, das hier Richtung Eismeer fließt, wird zur Stromgewinnung genutzt. Tor Johnny muss die Wassermassen in den Turbinen kontrollieren und die Anlage eisfrei halten. Ab minus 40 Grad kann das schon mal mühsam werden. Nebenbei züchtet er im Kraftwerk Forellen. Nicht aus Langeweile: Die ungewöhnliche Fischzucht gehört zu den Umweltauflagen für die Betreiber. Weil den Forellen die Brutgebiete entzogen wurden, muss auf künstlichem Weg für Nachwuchs gesorgt werden. Sind die Fische robust genug für ein Leben in Freiheit, werden sie in den Grenzfluss gesetzt.

 

Buch + Regie: Sven Jaax

Kamera: Dragomir Radosavljevíc

Mitarbeit: Luba Kuzovnikova

Ton: Sebastian Richter

Schnitt: Elisabeth Hirsch

Redaktion: Christian Kossin

Produktion: NDR | nonfictionplanet

Premiere: 2019